steuerhaft | Steuerstreit und Steuerstrafverteidigung

Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Steuerstrafverteidigung – FAQ

Hier finden Sie Antworten auf häufige Fragen von Mandantinnen und Mandanten zum Steuerstrafrecht, die ich nach und nach ergänzen werde.

Sie vermissen ein Thema? Anregungen nehme ich gern entgegen. Schreiben Sie mir einfach eine E-Mail.

Was ist die Besonderheit des Steuerstrafrechts?

Steuerstrafrecht ist „Blankettstrafrecht.“ Damit ist gemeint, dass der (objektive) Straftatbestand der Steuerhinterziehung erst durch die Normen des Steuerrechts ausgefüllt und damit „komplett“ wird. Eine Steuerhinterziehung „steht und fällt“ also mit der vorherigen richtigen Anwendung des Steuerrechts. Im Steuerstrafverfahren „spielt die Musik“ daher meist im Steuerrecht.

Was ist Steuerhinterziehung?

Steuerhinterziehung ist eine Straftat und in § 370 der Abgabenordnung (AO) geregelt. Zwei mögliche Tathandlungen sind zu unterscheiden: Entweder werden in einer Steuererklärung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht oder aber Steuererklärungen werden entgegen einer Verpflichtung (Steuererklärungspflicht) nicht abgegeben. Auch eine zu spät eingereichte Steuererklärung kann als Steuerhinterziehung anzusehen sein.

Folge der Tathandlung ist der Eintritt einer Steuerverkürzung: Die Steuer wird vom Finanzamt entweder gar nicht, zu niedrig oder zu spät festgesetzt.

Beispiel (vereinfacht)

Unternehmer U gibt in seiner Einkommensteuererklärung bewusst nur 100.000 € Betriebseinnahmen an, obwohl er tatsächlich 150.000 € Betriebseinnahmen erzielt hat (unrichtige bzw. unvollständige Angabe). Daraufhin erlässt das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid, in dem die Einkommensteuer in Höhe von 15.000 € festgesetzt wird. Hätte U auch die weiteren 50.000 € Betriebseinnahmen erklärt, wäre Einkommensteuer in Höhe von 40.000 € festzusetzen gewesen.
Die Steuerverkürzung beträgt 25.000 € (40.000 € ./. 15.000 €).

Das bloße Nicht-Zahlen von (festgesetzten) Steuern ist dagegen grundsätzlich keine Tathandlung (nicht tatbestandsmäßig), sondern allenfalls Anlass für Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamtes.

Ich hatte doch nie die Absicht, Steuern zu hinterziehen …

Darauf kommt es aber leider nicht an. Steuerhinterziehung setzt zwar vorsätzliches Handeln voraus, eine echte Absicht im Sinne eines zielgerichteten Wollens ist aber nicht erforderlich. „Bedingter Vorsatz genügt“, wie der Strafjurist trocken sagt. Das bedeutet: Es reicht für Vorsatz aus, wenn man eine Steuerverkürzung für möglich hält und sich mit der Steuerverkürzung abfindet („na wenn schon“ oder „was soll’s“).

Es gibt zwar auch Steuerordnungswidrigkeiten, etwa die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 der Abgabenordnung), die als „Auffangtatbestand“ dient, wenn Vorsatz nicht vorliegt bzw. nicht nachweisbar ist. Die Grenze zwischen bedingtem Vorsatz und Leichtfertigkeit ist aber eine „Grauzone“ und in der Praxis kaum greifbar. Steuerordnungswidrigkeiten haben in der Praxis auch nahezu keine Bedeutung. Die Ermittlungsbehörden gehen als „Arbeitshypothese“ fast immer von Vorsatz aus. Der Kampf um (besser: gegen) den Vorsatz ist daher für die Verteidigung schwierig.

Was ist eine versuchte Steuerhinterziehung?

Ohne den Eintritt der Steuerverkürzung ist die Steuerhinterziehung noch nicht komplett (nicht „vollendet“). Zwar ist auch eine versuchte Steuerhinterziehung strafbar. Allerdings kann die versuchte Tat milder bestraft werden als die vollendete Tat. Außerdem kann von einer versuchten Tat unter Umständen noch strafbefreiend zurückgetreten werden. Daher ist die Frage, ob überhaupt und wann genau eine Steuerverkürzung eingetreten ist, sehr praxisrelevant.

Was passiert, wenn ich eine Selbstanzeige abgebe?

Gemäß § 371 der Abgabenordnung wird man nicht wegen Steuerhinterziehung bestraft, wenn man eine wirksame Selbstanzeige abgibt. Der Begriff „Selbstanzeige“ sollte aber niemals im Schriftverkehr oder im Telefonat mit dem Finanzamt auftauchen.

Grundsätzlich muss man sich mindestens zu allen Steuerstraftaten innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre „outen“ (Berichtigungszeitraum). Voraussetzung ist weiterhin, dass die hinterzogenen Steuern und Zinsen nachgezahlt werden. Zudem darf es für die Selbstanzeige noch nicht zu spät sein – es darf noch kein „Sperrgrund“ vorliegen, z. B. die Bekanntgabe, dass ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

Im Normalfall wird trotz – oder besser: aufgrund – der Selbstanzeige ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das dient dazu, die Wirksamkeit der Selbstanzeige zu überprüfen. Ist die Selbstanzeige wirksam, wird das Ermittlungsverfahren eingestellt.

Welche Strafe droht bei Steuerhinterziehung?

Die Strafen für Steuerhinterziehung reichen von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren. In besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung beträgt die Freiheitsstrafe mindestens 6 Monate und bis zu 10 Jahren.

In der Praxis ist die Strafzumessung einzelfallabhängig, regional sehr unterschiedlich und kaum vorhersehbar. Die jeweilige Strafe hängt stark von der Höhe der hinterzogenen Steuern, aber auch von sonstigen Faktoren ab, z. B. von einer Schadenswiedergutmachung (Nachzahlung der hinterzogenen Steuern).

Vereinfacht lässt sich sagen, dass man bei hinterzogenen Steuern bis 50.000 € – zum Teil auch höher – häufig noch mit einer Geldstrafe oder im besten Fall mit einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage gemäß § 153a der Strafprozessordnung (StPO) davon kommt. Bei höheren Hinterziehungsbeträgen, jedenfalls ab 100.000 €, ist dagegen mit Freiheitsstrafe zu rechnen, die häufig noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Jedenfalls ab einer Steuerverkürzung von 1.000.000 € und mehr wird es richtig ernst: Dann droht im Regelfall eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung, es sei denn, es liegen besonders gewichtige Milderungsgründe vor. Dann kommt im Einzelfall auch noch eine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht.

Welche sonstigen Folgen drohen bei Steuerhinterziehung?

Mit einer Steuerhinterziehung bzw. einem Steuerstrafverfahren gehen fast immer auch sonstige negative Folgen einher. Die wirtschaftliche Existenz steht vielleicht auf dem Spiel, weil die hinterzogenen Steuern und Zinsen nachgezahlt werden müssen oder weil steuerrechtlich für die hinterzogenen Steuern eines anderen gehaftet wird. Beamten drohen disziplinarrechtliche, Rechtsanwälten und Steuerberatern berufsrechtliche Konsequenzen. Vielleicht stehen die Gewerbeerlaubnis oder der Jagdschein auf der Kippe. Solche und ähnliche Sachverhalte müssen zwingend in das Verteidigungskonzept einbezogen werden.

Wann verjährt Steuerhinterziehung?

Steuerstraftaten werden oft erst einige Jahre nach der Tat entdeckt, etwa während einer Betriebsprüfung. Dann stellt sich die Frage, ob diese Taten heute überhaupt noch verfolgt werden dürfen. Strafverfolgung ist unzulässig, wenn Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Die Verfolgungsverjährungsfrist beträgt bei „einfacher“ Steuerhinterziehung 5 Jahre. Ausnahmsweise beträgt die Verjährungsfrist aber 15 Jahre, wenn ein gesetzlich genannter Fall einer besonders schweren Steuerhinterziehung vorliegt, z. B. im Fall einer Steuerverkürzung „in großem Ausmaß“ (Steuerverkürzung von mehr als 50.000 € pro Tat).

Da sich steuerstrafrechtlich relevante Sachverhalte typischerweise über mehrere Jahre (Veranlagungszeiträume) – oftmals bis heute – hinziehen, kann es sein, dass ältere Taten schon verjährt sind und nur noch die Taten der letzten Jahre geahndet werden können. Der Eintritt der Verfolgungsverjährung wird von den Strafverfolgungsbehörden hin und wieder übersehen oder falsch berechnet. Hier lohnt sich für die Verteidigung auf jeden Fall eine genaue Prüfung.

Steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren

Wie kommt ein Steuerstrafverfahren überhaupt in Gang?

Anlass für ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren sind häufig Anzeigen von Finanzbeamten (z. B. aus einer Betriebsprüfung heraus), aber auch Anzeigen von Dritten (z. B. ehemalige Geschäftspartner oder Arbeitnehmer). Entgegen einer weit verbreiteten Meinung wird auch anonymen Anzeigen nachgegangen. Der konkrete Ermittlungsanlass ergibt sich aus der Ermittlungsakte, die der Steuerstrafverteidiger auch einsehen wird.

Bußgeld- und Strafsachenstelle – was ist das?

Anders als im allgemeinen Strafrecht führt beim Verdacht einer Steuerstraftat (Steuerhinterziehung) nicht die Staatsanwaltschaft, sondern die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) des Finanzamtes das Ermittlungsverfahren selbständig durch. Die BuStra hat grundsätzlich die gleichen Ermittlungs- und Zwangsbefugnisse wie die Staatsanwaltschaft.

In Sachsen sind das besondere Sachgebiete

die für die Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten zuständig sind. In manchen Bundesländern heißt es „StraBu“ oder es gibt besondere Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung.

Wie erfahre ich, dass ein Steuerstrafverfahren gegen mich läuft?

Entweder erhalten Sie ein Schreiben der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) des Finanzamtes bzw. der Staatsanwaltschaft, in dem mitgeteilt wird, dass ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet wurde. Das Schreiben kommt häufig mit Zustellungsurkunde („gelber Umschlag“), auf der das Zustelldatum vermerkt ist. Da die Bekanntgabe die Verfolgungsverjährung unterbricht, ist der Nachweis der Zustellung (Zustelldatum) sehr wichtig für die Strafverfolgungsbehörden.

Die andere Alternative: Frühmorgens klingeln Beamte der Steuerfahndung (Steufa) bei Ihnen, durchsuchen Ihre Wohn- oder Geschäftsräume und beschlagnahmen Geschäftsunterlagen. Dagegen können Sie im Normalfall akut nichts tun, wenn es einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss gibt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, sich im Nachhinein gegen die Durchsuchungsanordnung gerichtlich zur Wehr zu setzen.

Soll ich während der Durchsuchung eine Aussage machen oder besser schweigen?

Grundsätzlich sollten Sie während einer Durchsuchung überhaupt keine Angaben zur Sache machen.

Empfehlungen zum Verhalten während der Durchsuchung werde ich an anderer Stelle noch geben.

Soll ich sonst eine Aussage machen oder besser schweigen?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Als Beschuldigter hat man das Recht, gegenüber den Strafverfolgungsbehörden zu schweigen. Ob trotzdem eine Stellungnahme („Einlassung“) gegenüber der Staatsanwaltschaft, der Bußgeld- und Strafsachenstelle oder der Steuerfahndung sinnvoll ist, sollte jedenfalls nur nach Akteneinsicht und nur nach Beratung mit dem Steuerstrafverteidiger entschieden werden.

Akteneinsicht – wozu und warum mehrmals?

Der Steuerstrafverteidiger bekommt Einsicht in die kompletten Ermittlungsakten. Stellungnahmen („Einlassungen“) ohne vorherige Akteneinsicht sind grob fahrlässig. Erst nachdem der Akteninhalt und die Beweismittel gesichtet sind, können das Verteidigungsziel und das passende Verteidigungskonzept entwickelt werden.

Steuerstrafakten sind häufig teilweise geschwärzt oder es wurden Aktenteile entnommen („Fehlblätter“). Als Begründung wird dann auf das Steuergeheimnis (§ 30 AO) verwiesen. Das ist grundsätzlich unzulässig; spätestens vor Gericht besteht ein Anspruch auf ungeschwärzte Akten.

Steuerstrafverfahren können sich über Jahre hinziehen, entsprechend „wachsen“ mit der Zeit die Ermittlungsakten. Mehrmalige Akteneinsicht ist daher im Steuerstrafverfahren normal.

Wie lange dauert ein Steuerstrafverfahren?

Jedes Verfahren ist anders: Manche kleinere Verfahren dauern nur einige Monate, andere Verfahren ziehen sich oft über mehrere Jahre hin.

Die Mandantinnen und Mandanten möchten die Sache meist möglichst schnell vom Tisch haben und das Verfahren beschleunigen. Das ist verständnlich, aber nicht immer sinnvoll. Im (Steuer-)Strafrecht kann sich der bloße Zeitablauf günstig auf die Höhe der Strafe auswirken. Zeitablauf ist ein Strafmilderungsgrund. Mitunter tritt sogar teilweise Verjährung ein.

Wie wird das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren beendet?

Folgende Möglichkeiten der Verfahrensbeendigung gibt es:

  • Einstellung des Ermittlungsverfahrens, weil kein „hinreichender“ Tatverdacht vorliegt
  • Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage
  • Strafbefehl oder Anklage

Das Ermittlungsverfahren soll gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt werden. Ist das sinnvoll?

In kleineren und mittleren Fällen besteht die Möglichkeit, sich „geräuschlos“ mit der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes oder der Staatsanwaltschaft zu einigen, so dass das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages eingestellt wird. Der große Vorteil: Durch die Einstellung ist man nicht vorbestraft und das Verfahren kann nach Zahlung der Geldauflage auch nicht nochmal „aufgebohrt“ werden. Wenn es irgendwie geht, sollte man eine solche Einigung daher schon im Ermittlungsverfahren anstreben. Wenn die Sache vor Gericht geht, wird es meistens nicht besser, aber auf jeden Fall teurer.

Die Zustimmung der Bußgeld- und Strafsachenstelle oder der Staatsanwaltschaft zur Einstellung gegen Geldauflage setzt aber im Regelfall voraus, dass die hinterzogenen Steuern nachgezahlt werden.

Gerichtliches Steuerstrafverfahren

Was kann ich tun, wenn ich einen Strafbefehl erhalten habe?

Die BuStra / StraBu hat die Möglichkeit, nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens einen Strafbefehl beim Amtsgericht zu beantragen. Hier ist Vorsicht geboten: Legt man gegen den Strafbefehl nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch ein, dann wirkt der Strafbefehl wie eine rechtskräftige Verurteilung. Man ist also vorbestraft, ohne Hauptverhandlung und ohne dass jemals ein Richter vertieft den Tatvorwurf geprüft hätte.

Der Einspruch muss nicht begründet werden. Allerdings ist in vielen Fällen eine Begründung sinnvoll. Normalerweise kommt es dann zu einer Hauptverhandlung.

Wie geht es nach einer Anklage weiter?

Mit Zustellung der Anklageschrift erhält man Gelegenheit zur Stellungnahme. In manchen Fällen lässt sich die Eröffnung des Hauptverfahrens verhindern, in vielen Fällen gelingt das nicht. Dann kommt es zu einer Hauptverhandlung.

Kosten des Steuerstrafverfahrens

Warum eine Vergütungsvereinbarung?

Zwar ist die Vergütung des Verteidigers im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Grundsätzlich werden in Steuerstrafsachen aber Vergütungsvereinbarungen abgeschlossen, da solche Verfahren meist sehr umfangreich und komplex sind, so dass sie sich auf Basis der RVG-Vergütung normalerweise nicht wirtschaftlich vernünftig bearbeiten lassen.

Kann ich die Kosten des Steuerstrafverfahrens steuerlich geltend machen?

Die Kosten für den Verteidiger können bei betrieblicher oder beruflicher Veranlassung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten steuerlich abzugsfähig sein.